Wie gut sind die Schweizer Moore geschützt?

Das Moor von Rothenthurm – Inititialzündung des Moorschutzes in der Schweiz.

21. Februar 2018 – Der 6. Dezember 1987 gilt als Sternstunde des Naturschutzes in der Schweiz. An diesem Sonntag vor 30 Jahren nahmen die Schweizer Stimmberechtigten die Rothenthurm-Initiative an. Das Militär wollte dort einen Waffenplatz bauen. Seither sind sämtliche Moore in der Schweiz durch die Verfassung geschützt. In ihnen dürfen weder Anlagen gebaut noch Bodenveränderungen vorgenommen werden.

Ist damit der Schutz der Moore sichergestellt? Man könnte es meinen. Doch Erhebungen zum Zustand der Moore zeigen, dass sich dieser verschlechtert. Die getroffenen Massnahmen genügen offenbar nicht (vgl. auch NZZ am Sonntag). Weitere Renaturierungen und Wiedervernässungen sind nötig. Doch das kostet Geld. Und in den Kantonen sind die Budgets knapp.

Der Bund stockte die Mittel für den Biotopschutz im Mai 2016 zwar auf. Von 2017 bis 2019 stehen dafür insgesamt 135 Millionen Franken mehr zur Verfügung (80 Millionen Franken werden innerhalb des Bundesamtes für Umwelt umdisponiert, 55 Millionen Franken sind zusätzlich bewilligt worden). Die Kantone wollen ihrerseits Gelder für den Biotopschutz beisteuern, die neben den Auen, Amphibienlaichgebieten, Trockenwiesen und -weiden auch für die Pflege der Moore eingesetzt werden können.

In den letzten Jahren sind einige Projekte in Moorlandschaften auf Geheiss des Bundesgerichtes verhindert worden – so zum Beispiel der Autobahnzusammenschluss im Zürcher Oberland und ein Restaurant-Neubau auf der Insel Ufenau im Zürichsee (vgl. auch TEC21 – «Geschützes Moor?» – .pdf-Dokument). Geklärt ist inzwischen die Frage der Staumauererhöhung am Grimsel. Das Bundesgericht hob den Entscheid des Berner Verwaltungsgerichtes auf, das die Staumauererhöhung noch als mit dem Moorschutz nicht vereinbar beurteilte. Ob die Staumauer irgendwann einmal wirklich erhöht wird, ist dennoch fraglich, denn dafür sind primär wirtschaftliche Überlegungen massgebend.

Spezielle Moorvegetation in Rothenthurm.

Doch werden beim Moorschutz eigentlich die richtigen Prioritäten gesetzt? Neue Bauwerke lassen sich in den überwiegenden Fällen verhindern. Liesse sich jedoch auch ein vernachlässigter, aus naturschützerischer Sicht aber notwendiger Unterhalt gerichtlich durchsetzen? Bei den verhinderten Bauvorhaben ging es jeweils um wenige Hektaren Moorflächen, während von einem ungenügenden Unterhalt beziehungswiese einer noch nicht erfolgten Wiederherstellung des Wasserhaushaltes viel grössere Flächen betroffen sind.

Bei der Autobahn im Zürcher Oberland war der Entscheid des Bundesgerichtes nachvollziehbar. Beim Restaurant auf der Ufenau im Zürichsee war die Sache weniger klar. Am Grimsel kämpfen die Protagonisten schon seit vielen Jahren für ihre Sache. Da kann keine Seite ohne Gesichtsverlust zurückweichen. Es stellt sich aber schon die Frage, weshalb Exponenten des Naturschutzes die Staumauererhöhung dermassen zur Schicksalsfrage erhoben haben. Das mobilisiert vor allem auch die Kräfte, die den strikten Moorschutz lieber heute als morgen abschaffen wollen.

Als das Berner Verwaltungsgericht die Erhöhung der Staumauer für unzulässig erklärte, reichte der Kanton Bern beim Bund eine Standesinitiative ein, die Ausnahmen für Stromproduktion von nationaler Bedeutung erlauben soll. Als Begründung wird aufgeführt, das Volk habe nicht die Erzeugung erneuerbarer Energie verhindern wollen, sondern den Bau eines Waffenplatzes. Der Vorstoss ist im Parlament noch hängig und müsste in jedem Fall auch noch von den Schweizer Stimmberechtigten gutgeheissen werden.

Inzwischen hat jedoch das Bundesgericht den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufhoben und zur Neubeurteilung zurückgegeben. Gemäss dem Entscheid der Lausanner Richter hat der Bundesrat bei der Abgrenzung des Moorlandschaftsperimeters, der eine Erhöhung der Staumauer ermöglicht, seine Kompetenzen nicht überschritten (vgl. Medienmitteilung des Bundesgerichtes).

Entscheidet sich das Schicksal der Schweizer Moore am Grimsel? Ganz klar nein. Aufgrund der speziellen Situation am Grimsel folgen kaum automatisch weitere Projekte auf Kosten des Moorschutzes. Der von den Naturschutzorganisationen befürchtete Dammbruch scheint wenig wahrscheinlich. Welche Zukunft die Moore haben, entscheiden viel mehr die Kantone. Die wichtige Frage lautet dabei, ob die kantonalen Naturschutzämter ihre Säckelmeister überzeugen können, mehr Geld dafür einzusetzen. Zeigen sich diese allzu knausrig, wären Klagen oder kantonale Initiativen ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Wie gross deren Erfolgschancen sind, ist schwer zu sagen. Ein weiteres Problem stellt die landwirtschaftliche Nutzung ehemaliger Moore dar.

Auch neue Ideen sind gefragt, beispielsweise Projekte, die über die freiwillige Kompensation von Treibhausgasen finanziert werden. Erste Beispiele dafür gibt es bereits. Die Eidgenössische Forschungsanstalt WSL hat dazu eine Methodik erarbeitet. Solche Kompensationsprojekte kommen aber nur als Ergänzung in Frage. Denn Bund und Kantone dürfen sich nicht aus ihrer Verantwortung stehlen.

TEC21 vom 28. Juni 2013 über den Schutz und der Zustand der Moore – «Geschütztes Moor?».pdf-Dokument

Weitere Fotos vom Moor in Rothenthurm: Foto 1Foto 2Foto 3Foto 4Foto 5Foto 6Foto 7

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