Parc Adula – die definitive Charta liegt vor

Strasse bei Vrin: Der Nationalpark als Weg und Aufbruch in die Zukunft?

10. Oktober 2016 – Nun ist es soweit. Die Verantwortlichen des Parc Adula präsentierten vor einer Woche die Charta für den neuen Nationalpark, der rund um das Rheinwaldhorn in den Kantonen Tessin und Graubünden entstehen soll – wenn die einheimische Bevölkerung Ende November zustimmt …

Die Charta besteht aus einem Parkvertrag zwischen den 17 beteiligten Gemeinden, den Statuten des Vereins, dem Nutzungsreglement für die Kernzone sowie dem zehnjährigen Managementplan für die erste Betriebsphase. Sie bildet die Grundlage für das Gesuch an den Bund, der das Parklabel «Nationalpark» vergibt.

Genau vor einem Jahr präsentierten die Parkpromotoren den Entwurf für die Charta und stellten diesen an sieben öffentlichen Veranstaltungen vor. Interessierte Kreise konnten sich zum Entwurf äussern. Auch die Bundesämter für Umwelt und Raumentwicklung sowie das Militärdepartement verfassten – angeblich auf Wunsch des Parc Adula – eine Antwort und lösten damit einige Verunsicherung aus.

Bundesrätin Doris Leuthard sah sich jedenfalls veranlasst, offene Fragen rund um den Militärplatz Hinterrhein und die Spielregeln in der Umgebungszone mit den Beteiligten zu klären. Die Kernzone im Bereich des Schiessplatzes ist nun etwas verkleinert worden und das Gelände der Armee ist nicht mehr Teil des Parkes. Und in der Umgebungszone sollen ausser den bereits bestehenden Gesetzen keine neuen Vorschriften hinzukommen. Die Stolpersteine konnten mit bundesrätlicher Hilfe also aus dem Weg geräumt werden.

Wie sich dieses Manöver bei der abstimmenden Bevölkerung ausgewirkt hat, wird sich zeigen. Klar ist, die Abstimmung wird nicht einfach zu gewinnen sein. Doch nachdem die Stimmung im Mai beim Parc Adula auf einem Tiefpunkt war, gab man sich bei der Präsentation der Charta vor einer Woche in den Gesprächen am Rande der Medienkonferenz optimistisch. Fabrizio Keller, der Präsident des Vereins Parc Adula, meinte, die Chancen für ein Ja seien intakt.

Interessant war zu hören, wie die kommunalen Abstimmungen abgehalten werden. Zum Teil finden vorgängig Gemeindeversammlungen mit Abstimmungen statt. Entscheidend wird aber der 27. November 2016 sein; an diesem Tag findet auch ein eidgenössischer Urnengang statt.

Und was passiert, wenn nicht alle Gemeinden zustimmen? «Von den 17 Gemeinden müssen mindestens 13 zustimmen», sagte Fabrizio Keller. Doch auch wenn dies gelingt, kann das Projekt scheitern. Laut Keller müssen nämlich auch die Voraussetzungen für einen Nationalpark der neuen Generation erfüllt sein. Konkret bedeutet das: Lehnt Blenio ab, ist der Nationalpark vom Tisch. Die Tessiner Gemeinde ist nämlich mit 54 Quadratkilometer bzw. rund 38 Prozent an der 142 Quadratkilometer grossen Kernzone beteiligt. Bricht dieser Teil weg, erreicht die Kernzone nicht mehr die erforderliche Mindestgrösse von 110 Quadratkilometern. Sumvitg und Vrin sind ebenfalls wichtig. Zur Not ginge es rein rechnerisch vielleicht auch ohne die beiden Gemeinden. Vrin ist zudem ein Spezialfall, denn inzwischen ist das Dorf Teil der fusionierten Gemeinde Lumnezia. Vrin hat sich aber ausbedungen, eigenständig über den Nationalpark abzustimmen. Vals ist ebenfalls wichtig. Der Valser Sektor der Kernzone verbindet nämlich den nördlichen Teil der Kernzone mit der Greina mit dem südlichen Teil mit dem Rheinwaldhorn.

Im Moment wagt niemand eine Prognose über den Ausgang der Abstimmung. Wie Mitarbeitende des Parc Adula berichten, hat die Debatte über den Nationalpark in der Region Fahrt aufgenommen (siehe auch Artikel in «Die Zeit»). Die Befürworter argumentieren mit neuen Zukunftsperspektiven. Die Gegner des Nationalparks sehen unter anderem ihre Freiheit bedroht und melden sich vor allem in der Surselva lautstark zu Wort. Doch haben sie eine Mehrheit hinter sich? Gibt es am Ende eine Überraschung?

Informationen zur Charta des Parc Adula

Weitere Geschichten und Beobachtungen