Im neuen Nationalpark Schwarzwald

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Nationalpark Schwarzwald, Ruhestein (Foto: L. Denzler).

2. August 2016 – Seit einiger Zeit beschäftige ich mit der Frage, wie es gelingt, neue Nationalpärke zu gründen. In der Schweiz ist das mit der direktdemokratischen Tradition, der starken Stellung der Gemeinden und dem hohen Stellenwert des Grundeigentums eine schwierige Sache, nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Im Schwarzwald gibt es seit 2014 einen neuen Nationalpark. Im Rahmen der Recherche für einen Artikel über den geplanten Parc Adula hat er meine Neugier geweckt. Und so beschloss ich, mir selber ein Bild vor Ort zu machen – und dies mit einer Fahrradtour durch den Schwarzwald zu verbinden.

Ich kenne den Schwarzwald nicht gut. Für einen ausgebildeten Forstingenieur ist die Region aber einen Besuch wert. Von den Flössern wusste ich natürlich. Auch vom Holzverkauf nach Holland. Weniger präsent waren mir die Holzschläge im Dritten Reich und dass nach dem Krieg auch die Franzosen in Rahmen von Reparationszahlungen zugeschlagen haben. Das alles hat Spuren hinterlassen. Von Natur aus insbesondere mit Tannen und Buchen bestockt, dominieren im Schwarzwald heute Fichten. Sie liefern den Rohstoff für die zahlreichen Sägereien (Foto).

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Ernest Hemingway

Tiefe Täler zerfurchen den Schwarzwald. Dass in den Bächen Forellen leben, wusste offenbar auch Ernest Hemingway. Zufällig lese ich auf einer Tafel, dass der amerikanische Schriftsteller 1922 mit seiner Frau und Freunden von Triberg (bekannt für seine Kuckucksuhren und den grössten Wasserfall Deutschlands) nach Oberprechtal wanderte, dort angelte und auch übernachtete. Ich bekomme gerade noch das letzte freie Zimmer im «Rössle». Forellen gab es zwar keine zum Abendessen, gegessen habe ich trotzdem sehr gut – und zwar auf der wunderschönen Terrasse am Ufer der Elz. Dass Hemingway hier fischte, kann man sich sehr gut vorstellen. Offenbar tat er dies verbotenerweise, seine Frau hatte Wache zu stehen … und er wurde nicht nur gut behandelt. Liest man aber den Text von Gary Anderson, erahnt man weshalb …

Zwei Tage später erreiche ich den Nationalpark Schwarzwald. Dessen Gründung – es war ein Projekt der Regierung Baden-Württembergs unter dem Grünen Winfried Kretschmann – ging ein Seilziehen voraus. Die CDU bekämpfte das Vorhaben, ist mittlerweile aber umgeschwenkt. Vereinzelte Pro- und Kontraplakate zeugen noch von der Auseinandersetzung (Fotos ProKontra). Der Nationalpark ist inzwischen erfolgreich gestartet. Die Gegner machen sich derzeit dafür stark, dass die finanziellen Mittel für den Park begrenzt werden und die Kernzone höchstens 50.1 Prozent der Parkfläche umfasst (anstatt der vorgesehenen 75 Prozent).

Es würde sich lohnen, wenn die Verantwortlichen der Schweizer Nationalparkprojekte sich mit Vertretern des Nationalparks Schwarzwald austauschen würden. Konzeptionell überzeugen die deutschen Nationalpärke. Die Umsetzung wird aber entscheidend sein. Man bekommt den Eindruck, dass die Deutschen pragmatischer vorgehen als die Schweizer; so auch bei der Errichtung des Nationalparks im Schwarzwald (Gebietsgliederung). Obwohl 2014 gegründet, haben die Verantwortlichen erst kürzlich zu Bürgerworkshops zum künftigen Wegkonzept eingeladen. Im Dialog mit den Interessengruppen sucht die Natioanlparkverwaltung nach guten Lösungen.

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Willkommen im Nationalpark (Foto: L. Denzler)

In der Schweiz wäre das undenkbar. Die Gemeinden wollen vor ihrer Zustimmung zu einem Nationalpark wissen, auf was sie sich einlassen. Auch die Eigentumsverhältnisse unterscheiden sich. So gehört der Boden im Nationalpark Schwarzwald mit dem Staatswald in erster Linie dem Land Baden-Württemberg (deshalb die Auseinandersetzung mit der Forst- und Holzwirtschaft) sowie der Stadt Baden-Baden. Beim geplanten Parc Adula sind 17 Gemeinden involviert …

Eine weitere Gemeinsamkeit sticht ins Auge, vor allen mit dem Schweizerischen Nationalpark im Engadin. So sind die Strassen im Nationalpark Schwarzwald, insbesondere die berühmte Schwarzwaldhochstrasse, beliebte Routen für Motorradfahrer – so wie die Ofenpassstrasse von Zernez ins Münstertal. Auch Motorradfahrer schätzen schöne Landschaften. Tafeln warnen vor Unfällen (Foto). Naturschutz und Gas geben – die Widersprüchlichkeit unserer Zeit wird schonungslos offengelegt.

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