Aufregung im Rebberg

KirschessigfliegeTrauben

Von der Kirschessigfliege befallene Traubenbeeren.

7. September 2014 – Kündigt sich der Herbst an, steigt bei den Rebbauern die Nervosität. Wie viel Oechsle sind es schon? Gibt es einen guten Jahrgang? Heuer aber ist die Aufregung besonders gross. In den Rebbergen macht sich nämlich ein Schädling breit: Die Kirschessigfliege. Drosophila suzukii, so ihr wissenschaftliche Name, stammt aus Südostasien und gehört zu den Taufliegen. Die Kombination verheisst nichts Gutes: Die weltweit verbreitete Drosophila melanogaster ist ein Modellorganismus der Genetiker, Suzuki ein japanischer Automobil- und Motorradhersteller.

Die Kirschessigfliege befällt unter anderem Beeren, Kirschen, Zwetschen und Trauben. Der Schädling wurde vor wenigen Jahren nach Europa eingeschleppt. Zum ersten Mal fand man ihn 2008 in Spanien. 2009 folgten Meldungen aus Italien und Frankreich, 2011 aus Österreich und Deutschland. 2011 wurde die Kirschessigfliege erstmals auch in der Schweiz auf Heidelbeeren im Tessin und auf Himbeeren in Graubünden gefunden. Die Verbreitung des Schädlings erfolgt vermutlich durch den Import befallener Früchte.

Die Weibchen legen ihre Eier in die fast reifen Früchte oder Beeren. Die Larven beginnen zu wachsen – und nach wenigen Tagen riecht es penetrant nach Essig. Das Vermehrungspotenzial ist gewaltig. Pro Jahr können bis zu 12 Generationen schlüpfen. Aufgrund des milden Winters und des kühl-feuchten Sommers entwickelte sich die Population sehr stark.

Auch im Rebberg meiner Eltern machte sich die Kirschessigfliege breit. Plötzlich waren die ersten reifen Trauben befallen. Da wir so kurz vor der Ernte kein Gift versprühen wollten und die Trauben schon ziemlich reif waren, entschlossen wir uns, diese so rasch wie möglich zu ernten. Und wir hatten Glück. Das Verlesen der befallenen Beeren bescherte uns zwar einige Handarbeit. Der überwiegende Teil der Trauben war aber noch gesund – und ist bereits zu Saft gepresst.

Viele Rebbauern setzen nun auf ein Insektizid, für dessen Ausbringung eine Ausnahmebewilligung erteilt wurde. Aus ökologischer Sicht natürlich problematisch. Ob das Mittel wirkt, ist offen. Doch den Weinbauern, die möglichst viele Oechsle und auch etwas ernten wollen, bleibt nicht viel anderes übrig. Für den europäischen Weinbau könnte Drosophila suzukii zu einem gewaltigen Problem werden.

Artikel NZZ – 3. Juni 2015 – Eine Fliege aus Asien macht den Winzern zu schaffen – (.pdf Dokument)

 

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