Im Aspromonte in Kalabrien

Die Baumgärten im Amendolea.

25. November 2021 – Von Zürich nach Reggio Calabria sind es rund 1500 Kilometer. Die Stadt im Süden der italienischen Stiefelspitze ist von den Griechen bereits einige Jahrhunderte vor Christus gegründet worden. Von Reggio sieht man hinüber nach Sizilien (Foto). In der Strasse von Messina soll auch die Stelle sein, wo die Sirenen in Homers Odyssee den Helden bezirzten und ihn beinahe ins Unglück stürzten.

Der griechische Einfluss ist heute noch präsent im Süden Kalabriens. In Bergdörfern sprechen Einheimische noch die alte Sprache, und auch byzantinische Kirchen sind erhalten geblieben, zum Beispiel in Gallicianò.

Die Landschaften im Aspromonte sind faszinierend. «Aspromonte» heisst das Gebirge in der Stiefelspitze. Der Name bedeutet «raue» Berge und hat dem dortigen Nationalpark auch den Namen gegeben.

Als ich Ende Oktober 2021 mit einer Wandergruppe dort war, wirkte die Landschaft auf mich erstaunlich «grün». Im Sommer war es extrem heiss mit Rekordtemperaturen und Waldbränden. Sechs Monate lang herrschte Dürre. Im September fielen erste Niederschläge und Ende Oktober kam es sogar zu Überschwemmungen.

Gallicianò zu besuchen, lohnt sich.

Wir konnten deshalb nicht alle Wanderungen wie geplant machen. Die Flüsse führten ziemlich viel Wasser, so dass wir beispielsweise ein breites Flussbett nicht überqueren konnten. Diese «Fiumare» sind typisch für die Gebirge im südlichen Italien. Im Winter führen sie Wasser, während sie im Sommer oberflächlich oft austrocknen. Der «Fiumara» bei Amendolea hat eindrückliche Dimensionen (Foto). Er führt riesige Geschiebemengen Richtung Meer, die hauptsächlich von einem grossen Rutschgebiet im Aspromonte stammen.

Eine unberührte Landschaft ist es nicht. Im Gegenteil. Überall stösst man auf menschliche Spuren. Die Hänge sind terrassiert. Kultiviert werden Zitrusbäume, Olivenbäume, Mandelbäume – und als südkalabresische Spezialität Bergamottebäume. Die Herkunft des Bergamotto ist geheimnisvoll. Es handelt sich um eine Zitrusfrucht, die vermutlich aus einer Kreuzung von Zitornatzitrone mit Bitterorange hervorging.

Eine Bergamottofrucht.

Bergamottebäume werden vor allem wegen ihrer Essenzen kultiviert. Mit wenigen Ausnahmen wachsen sie nur in einem kleinen Gebiet entlang der südlichsten Küste Kalabriens. Bis 1950 war der Anbau von Bergamottebäumen ein lukratives Geschäft. Die ätherischen Öle waren in der Parfümerieindustrie begehrt, etwa zur Herstellung von Eau de Cologne. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schwand das Interesse. Seit 25 Jahren erlebt der Anbau von Bergamottebäumen jedoch eine Renaissance (Foto). Die Essenzen werden für Gebäck wie Amaretti, Honig und für erfrischende Säfte verwendet, aber auch für Duftöle und Seifen.

Neben der Kultivierung von Fruchtbäumen wird im Aspromonte auch Viehzucht betrieben. Vor allem Schafe und Ziegen werden gehalten (Foto). Die Herden müssen vor den Angriffen von Wölfen geschützt werden. Der Wolf war fast ununterbrochen präsent in dieser Region. Die Frage, ob eine Koexistenz möglich ist, stellt sich somit nicht.

Die regionalen Produkte können in Kombination mit einem sanften Tourismus zur Entwicklung der Region beitragen, die wie viele Regionen in Süditalien unter Abwanderung leidet. Ein Beispiel dafür ist die Cooperativa San Leo mit dem Ristorante Grecanico mit seinen «Specialità Tipiche della Calabria Greca» in Bova, bei er wir zu Gast waren (Foto).

 

Fotostrecken

Reggio Calabria – Pentedattilo – Bova – Bova Marina (.pdf-Datei)
Bäume und Reben im Aspromonte (.pdf-Datei)
Amendolea und Agriturismo Il Bergamotto (.pdf-Datei)
Fiumara Amendolea (.pdf-Datei)
Das Bergdorf Gallicianò (.pdf-Datei)

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